Klaudia Granich und Doris Bösmüller bereichern das 24butterfly Festival mit einem Gespräch zum Thema Spiritualität als Führungskompetenz. Im Interview geben uns die beiden einen Vorgeschmack.

Der Untertitel eures 24butterfly Bühnengesprächs lautet: Wie uns ein Tabu davon abhält, nachhaltiger zu führen. Warum ist eurer Meinung nach Spiritualität in der Führungsarbeit mit einem Tabu behaftet?

KG: Für viele hat der Begriff Spiritualität immer noch etwas Religiöses, in unserem Kulturkreis etwas Christliches, und viele bringen das mit Beten, Kirchgang und den religiösen Ritualen in Zusammenhang – mit nicht nur positiven Erinnerungen. Dabei ist Spiritualität weitaus mehr und nicht an Konfessionen gebunden.

DB: Spiritualität ist für viele Menschen etwas sehr Persönliches, also quasi Privatsache, und sie trennen das von ihrem beruflichen Dasein. Und es hängt auch damit zusammen, dass Führung in vielen Unternehmen und Organisationen immer noch männlich dominiert ist. Nicht wenige Männer tun sich schwerer mit dem angeblich „weichen“ Thema Spiritualität – das wird eher Frauen zugeschrieben. Frauen sind da in der Tat offener, auch Frauen in Führungspositionen. Und wenn Männer ihre spirituelle Kraft entdeckt haben, wenden sie diese so selbstverständlich für ihr berufliches und privates Leben an, wie sie Excel zur Erstellung eines Investitionsplans oder PowerPoint für Präsentationen verwenden, um es etwas plakativer auszudrücken.

Doris, du bist Gesellschafterin und „Chief Spirit Humanager“ deines Unternehmens. Spiritualität war und ist dir seit jeher wichtig – wie integrierst du dieses in deinen Führungsarbeit?

DB: Ich habe einen holistischen, sehr ganzheitlichen Ansatz – ich versuche, die Menschen mit ihrem Denken und Handeln, aber auch mit ihrem Fühlen in den Mittelpunkt zu stellen. Alle Menschen sind spirituelle Wesen. Ich will wissen und spüren, was die Mitarbeiter:innen bewegt. Gespräche sind mir sehr wichtig: das Zuhören, die Wertschätzung, der verantwortungsvolle Umgang miteinander. Ich will die Mitarbeiter:innen begeistern für ihr Tun, sie inspirieren, und das geht nur auf Augenhöhe. Natürlich zählt in unserem Unternehmen auch der wirtschaftliche Erfolg. Den erzielen wir allerdings auch damit, dass wir uns um diesen besonderen „Spirit“ bemühen. Es macht zudem einen großen Unterschied, mit welcher Haltung ich persönlich als Führungskraft an die täglichen Herausforderungen herangehe. Haltung ist für mich die Basis gelebter Nachhaltigkeit.

„Es macht einen großen Unterschied, mit welcher Haltung ich persönlich als Führungskraft an die täglichen Herausforderungen herangehe.“

Welche Haltung nimmst du hier ein?

DB: Gelassenheit und eine innere Ruhe sind mir wichtig. Eine positive Grundeinstellung und das Vertrauen darauf, dass wir gemeinsam – in der Geschäftsführung und im Team – die Aufgaben meistern werden, wenn jede und jeder von uns ihre und seine Stärken einbringt. Das gelingt, wenn sich die Menschen an ihrem Arbeitsplatz wirklich entwickeln und wachsen können.

Ihr beide begleitet und berät Unternehmer:innen beim Thema nachhaltige Führungskultur. Beobachtet ihr eine Tendenz hin zu mehr Spiritualität?

DB: Durchaus. Immer mehr Führungskräfte vertrauen auf mehr Spiritualität in ihren Organisationen. Visionssuche, Purpose, Werteentwicklung, das war der Beginn nach mehr Sinnhaftigkeit, Freude, Erfolg und Erfüllung im Beruf – das S und das G in ESG. Diese Entwicklung ist nicht mehr aufzuhalten und sie erfüllt mich mit Freude.

„Die Zeit geht dem Ende zu, in der der einzelne Top-Manager im Alleingang Unternehmen lenkt – die Themen, die uns heute beschäftigen, sind zu komplex.“

KG: Ich mache ähnliche Erfahrungen. Immer mehr Führungskräfte denken und handeln in diese Richtung. Gerade jetzt, in instabilen Zeiten, wo vieles im Umbruch ist, wo das Wachstum um jeden Preis an seine Grenzen gelangt und es vielen Menschen nicht gut geht. Die Zeit ist reif für mehr Spiritualität und sie tut uns gut. Dazu kommt, dass die Zeit dem Ende zugeht, in der der einzelne Top-Manager im Alleingang ein Unternehmen lenkt – die Themen, die uns heute beschäftigen, sind zu komplex, dass es schlichtweg mehr Kooperation und mehr „Spirit“ braucht.


Beim 24butterfly Corporate Karisma Festival treffen einander Klaudia Granich und Doris Bösmüller zum Bühnengespräch über Spiritualität als Leadership-Kompetenz. Mutig und willens, ein Tabu in Frage zu stellen.

Klaudia Granich ist Organisations- und Unternehmenskulturentwicklerin und Mitgründerin der MentorenAkademie. Doris Bösmüller ist Gesellschafterin und Chief Spirit Humanager der Druckerei Bösmüller, holistische Unternehmensberaterin und Vorsitzende des Wirtschaftsforums der Führungskräfte Niederösterreichs. Programm + Tickets: https://24butterfly.com.

Klaudia Granich
Klaudia Granich

 

Doris Bösmüller
Doris Bösmüller

Foto (Artikelbild): Priscilla Du Preez.

Kommentare an: „Die Zeit ist reif für mehr Spiritualität“

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