Für einen echten Kulturwandel sollte weniger am Mindset der Mitarbeiter:innen, sondern viel mehr an den strukturellen Rahmenbedingungen des Unternehmens gearbeitet werden. Dafür braucht es den Blick auf die Wertschöpfung. Davon ist Lukas Raven überzeugt.
Wie kann deiner Erfahrung nach ein Kulturwandel in einer Organisation gelingen?
LR: Was hilft, ist ein externer Beobachter. Es ist sehr schwierig, die eigene Unternehmenskultur zu analysieren und weiterzuentwickeln, wenn man selbst Teil des Systems und damit auch der Kultur ist. Das ist wie unter den Stein gucken, auf dem man steht. Dazu kommt, dass kulturverändernde Maßnahmen oft an den falschen Hebeln ansetzen.
Was heißt das konkret?
LR: Nehmen wir das Beispiel Agilität: Ein Unternehmen will agiler werden. Häufig werden dann neue Werte und Glaubenssätze formuliert, Poster aufgehängt, Trainings zum Thema Agile Führung organisiert und den Mitarbeiter:innen erklärt, dass sie ab heute ein agiles Mindset brauchen. Das funktioniert aber nicht. Kultur lässt sich nun mal nicht appellativ verändern.
Warum nicht?
LR: Weil Menschen ihre Haltung nicht auf Kommando verändern können. Haltung ist immer eine Konsequenz bestimmter Erfahrungen, und solange keine gegenteiligen Erfahrungen gemacht werden, wird sich auch die Haltung nicht ändern. Das ist so wie wenn ich auf einer Party mit schlechter Stimmung „Gute Laune!“ rufe und hoffe, dass alle sofort anfangen, ausgelassen zu tanzen und sich zu amüsieren. Das funktioniert nicht. Wenn ich hingegen von Anfang an mit guter Musik, Alkohol und ausreichend Tanzfläche für den richtigen Rahmen sorge, dann steigen die Chancen.
„Wir wollen nicht mit dem Finger auf die Mitarbeiter:innen zeigen, weil diese das falsche Mindset haben, sondern gemeinsam mit ihnen bessere organisationale Rahmenbedingungen schaffen.“
Welche sind aus deiner Sicht in einem Unternehmen die besseren Hebel?
LR: Genau wie bei der Party sind es auch in der Organisation die Rahmenbedingungen, die Spielregeln, unter denen die Menschen arbeiten. Verhältnisse schaffen Verhalten. Will ich mehr Agilität, muss ich möglicherweise an meine Freigaberegelungen, Budgetprozesse und Entscheidungsverfahren ran. Aber viel wichtiger noch als der richtige Hebel ist das passende Problem. Wenn Agilität die Lösung sein soll, für welches Problem? Viel zu oft findet Organisationsentwicklung an der Wertschöpfung vorbei statt. Eine Umstellung nach SAFe macht noch keine erfolgreiche Transformation. Am Anfang und Ende jeder Kulturinitiative muss ein echtes Problem der Wertschöpfung stehen – sei es nun die Time-to-Market, Produktqualität oder etwas ganz anderes. Und dann wird das Thema Transformation noch häufig viel zu groß und abstrakt angegangen.
Transformation ist doch ein großes Thema …
LR: Aber die Umsetzung soll eher in kleinen Schritten passieren. Wir bei den Organeers denken Transformation nicht als große Roadmap, die man von Meilenstein zu Meilenstein abläuft, und am Ende steht das wunderbar agile Unternehmen, sondern als ganz viele kleine Schalter, die man umlegen kann und die rasch Auswirkungen auf bestimmte Aspekte der Wertschöpfung haben. Außerdem versuchen wir bewusst wegzukommen von diesem moralischen Impetus – wir wollen nicht mit dem Finger auf die Mitarbeiter:innen zeigen, weil diese das falsche Mindset haben, sondern gemeinsam mit ihnen bessere organisationale Rahmenbedingungen schaffen.
Am 24butterfly Corporate Karisma Festival ist Lukas Raven mit einer Keynote („Neue Arbeit, alte Probleme“) und einem Workshop („Echter Kulturwandel statt Change-Theater“) zu Gast.
Seit 2012 begleitet Lukas Raven Unternehmen bei ihren Transformationsprojekten. Gemeinsam mit Organeers unterstützt er Unternehmer:innen und Führungskräfte dabei, vitale Organisationen zu gestalten, in denen Menschen mit Sinn und Freude arbeiten.
Programm + Tickets: https://24butterfly.com.
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