Sie muss ganzheitlicher angelegt, gestaltet und begleitet werden, um erfolgreich zu sein. Der ehemalige BMW-“Culture & Transformation”-Manager Reza Razavi beschäftigt sich seit langem mit der Transformation von Organisationen. Was sie ausmacht und was sie braucht, beschreibt er im Interview.

Der Begriff Transformation ist heute in aller Munde. Was verstehst du konkret darunter?

RR: Der Begriff ist in der Tat ein Modewort geworden, ein großes Wort, über das alle reden und für das es viele Interpretationen und Bedeutungen gibt. Für mich ist es wichtig, zu differenzieren zwischen Change und Transformation. Change ist vor allem die Optimierung bestehender Prozesse und Strukturen. Zukunft ist dabei eine berarbeitete oder verbesserte Version der Vergangenheit. Transformation hingegen steht für neu und anders, für einen kulturellen Wandel auf breiter Ebene, der immer mit einem Paradigmenwechsel verbunden ist und der bisherige Spielregeln, Gewohnheiten und Grundsätze infrage stellt. Für manche Unternehmen ist ein Change-Prozess genau das Richtige, andere wieder brauchen eine grundlegende Veränderung. Auch in der Umsetzung gibt es große Unterschiede.

Was sind die Unterschiede?

RR: Change Management hat eine rationelle Projektlogik, sie folgt definierten Meilensteinen, einem fixen Zeitplan und klaren Ziel. In der Transformation geht es darum, neue Wege einzuschlagen. Das ist ein Prozess des Entdeckens und Experimentierens, der nicht linear läuft – ein suchender, iterativer, zyklischer Kreationsprozess mit offenem Ausgang, der alle Beteiligten auf intensive Weise herausfordert. Von daher muss man an eine Transformation auch anders herangehen: Man muss dafür sorgen, dass in der Organisation eine Bewegung entsteht, die diesen Wandel verantwortet, reflektiert und kultiviert. Das kann auch bedeuten, dass man drei Schritte nach vorne geht und dann wieder einen zurück.

„Man muss dafür sorgen, dass in der Organisation eine Bewegung entsteht, die diesen Wandel verantwortet, reflektiert und kultiviert. Das kann auch bedeuten, dass man drei Schritte nach vorne geht und dann wieder einen zurück.“

Das heißt, Transformation braucht Zeit und Geduld …

RR: So ist es. Und es braucht ein gemeinsames Commitment der Verantwortlichen in der Organisation, den Kulturwandel voranzubringen, denn dieser besteht aus vielen kleinen Schritten. Transformation ist wie gesagt viel mehr als ein Change-Projekt, man muss sie ganzheitlicher aufsetzen, gestalten und begleiten, damit sie Erfolg hat – die menschliche Seite ist viel mehr im Fokus. Dazu gehören auch Konflikte und Widerstände, die es zu verarbeiten gilt, Kommunikation und Dialog sind hier ganz wesentlich. Auf diese Weise entwickelt die Bewegung mit der Zeit eine Kraft und Identifikationsmöglichkeit, sie zeigt Erfolge und dann werden immer mehr Menschen in der Organisation, die ja auch ein soziales System ist, sich dieser anschließen und daran teilhaben.

Du hast schon einige Organisationen durch große Veränderungen begleitet – welche Transformation war für dich die, die Sie am meisten bewegt hat?

RR: Die liegt sehr lange zurück – ich war noch ein kleiner Junge im Iran, als aus einem modernen, westlich orientierten Königreich eine islamische Republik wurde. Diese „Revolution“ war ein kompletter Systemwechsel. Schritt für Schritt hat die Religion alle Bereiche der Menschen verändert: Schule, privates und öffentliches Leben, Medien, Politik, Wirtschaft. Diese Bewegung hat viele Anhänger gewonnen und auch viele Widerstände hervorgerufen, ein Spannungsfeld, das bis heute anhält. Das war meine persönlichste Transformation, wenn man so will.


Gemeinsam mit der diplomierten Betriebswirtin und Marketingexpertin Astrid Schulte, Vorstandsvorsitzende und Gesellschafterin der Berendsohn AG, schreibt Reza Razavi an seinem zweiten Buch „Bausteine des Wandels“ – dies ist auch der Titel der Keynote, mit der die beiden das 24butterfly Corporate Karisma Festival bereichern.

Mit 14 ist Reza Razavi mit seiner Schwester vom Iran nach Deutschland übersiedelt und hat hier BWL, Wirtschaftsinformatik sowie Daten- und Informationsmanagement studiert. Weitere Stationen waren die Gastronomie, das Produkt- und Projektmanagement, die Unternehmensberatung, das Management-Zentrum St. Gallen sowie die BMW Group. Heute ist Reza freiberuflicher Transformationsbegleiter, Impulsgeber und Dialogpartner. 

Reza Razavi
Reza Razavi

 

Astrid Schulte
Astrid Schulte

Visual “Schmetterlinge”: Evie Shaffer.

Kommentare an: Transformation ist mehr als ein Change-Projekt

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